Farbe auf 12 Gebäude

Berlin 4 Dezember 2009

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
In der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember wurden zwoelf Gebäude in Berlin mit Farbe markiert. Das geschah aus Protest gegen den kommenden Klimagipfel in Kopenhagen und gegen das System, welches den Klimawandel zu verantworten hat.
In der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember wurden zwoelf Gebäude in Berlin mit Farbe markiert. Das geschah aus Protest gegen den kommenden Klimagipfel in Kopenhagen und gegen das System, welches den Klimawandel zu verantworten hat.

Folgende Gebäude wurden getroffen:
Bundeskanzleramt, Axel-Springer-Haus, Vattenfall-Kundenzentrale, Einkaufszentrum Alexa am Alexanderplatz, ein Reisebüro, ein Lidl im Prenzlauer Berg, eine Bank in Schöneberg, der Allianztower, die Carlofts in Kreuzberg, ein Autohaus in Neukölln und ein McDonalds.

Als Bekennerschreiben wurde folgender Text herausgegeben (auch zu finden auf  http://klimafarbe.blogsport.de/)
 
"Der Klimagipfel in Kopenhagen wird scheitern.
In einer auf Wachstum ausgerichteten Gesellschaft kann die Klimakrise nicht wirksam bekämpft werden. Wenn das Grundprinzip lautet, immer mehr Waren und Dienstleistungen zu produzieren, werden auch immer mehr Ressourcen benötigt, wird die Umwelt immer durchgreifender zerstört und der Klimawandel in seinen Auswirkungen immer bedrohlicher.

Lets make capitalism !

Der Kapitalismus, der die bestehende Ordnung bestimmt, ist nicht in der Lage, die selbstverursachten Systemwidersprüchlichkeiten, die sich im Klimawandel abbilden, aufzulösen. Denn er bildet den Ursprung des menschengemachten Klimawandels, da er mit seiner inneren Logik des Mehrwerts und des Marktes ein unersättliches Verlangen nach Ressourcen und (möglichst billig geleisteter) Arbeit hat. Er muss immer Wert produzieren, der Marktwert der Waren sinkt aber mit steigender Produktivität. Die Idee ist nun, einfach immer mehr Waren zu produzieren.
Aber in einer Welt mit endlichen Ressourcen wird diese Dynamik unausweichlich an ein zerstörerisches Ende stoßen und wird immer wieder Krisen produzieren.
Der Klimawandel und die jüngste Finanzkrise sind also kein Zufall, sondern logische Konsequenz dieser Wirtschaftsweise, die die Menschen einzwängt und das Leben auf der Erde elementar bedroht.
Das Marktprinzip hat sich längst von den Grenzen anfänglicher Industrien gelöst und ist zum Seinsprinzip schlechthin geworden. Prinzipiell wird alles Dasein „ökonomisiert“ und dementsprechend behandelt. Jetzt soll auch noch dem CO2 ein Preis zugeordnet werden und damit das Klimaproblem gelöst werden.
Das sind aber nur modifizierte Konstrukte, basierend auf der gleichen Verwertungslogik. Dem Glauben, den Herausforderungen damit gerecht zu werden, ist in seiner Hirnverbranntheit nicht mehr zu helfen.

Ökologie für Anfänger

Bisher verlässt die Diskussion um den Klimawandel nicht das Grunddogma unserer Gesellschaft. Die Herrschaft des Verwertungsprozesses als soziale Organisation darf nicht hinterfragt werden. Diskutiert wird der Klimawandel deswegen nur als Kostenfaktor und Sicherheitsrisiko.
Wenn auf die Verhinderung des Klimawandels hingewiesen wird, wird uns der Umstieg auf grüne Technologien, insbesondere erneuerbare Energien, angeboten. Der Klimawandel ist aber kein technologisches Problem sondern Symptom des herrschenden Wirtschaftssystems.
Es zeigt sich, dass „grüne“ Technologie, wie der Anbau von Nahrungsmitteln zur Biospriterzeugung, zum Problem des Preisanstiegs von Lebensmitteln als auch zur Vertreibung von Anbauenden führt. Wie überdimensionierte Autos mit „Biosprit“ oder Hybridtechnologie weiter gefahren werden sollen, soll das Problem (CO2-Ausstoß) von Kohlekraftwerken im Boden vergraben werden. Hier erscheint die neue Krise als gewinnversprechend für die Öko-Firmen auf dem Aktienmarkt und als Chance für neue Investitionsmöglichkeiten.
Ein neuer Absatzmarkt ergibt sich auch im Bereich des individuellen Konsums. Hier wird die kapitalistische Kategorie Kaufen „ökologisiert“ und soll eine tragende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen, doch Ökologisch bewusstes Verhalten oder Effizienzgewinne werden in Anbetracht des wachsenden Gesamtverbrauchs bedeutungslos.
Das System produziert so „Lösungen“, die vorspielen, es könnte immer so weiter gehen wie bisher.
Dadurch wird der Kapitalismus grün angestrichen, aber an seiner Ideologie ändert es nichts. Das von diesen Denkmustern geprägte Bewusstsein stellt sich nicht die notwendigen Fragen um die gesellschaftlichen Veränderungen anzustoßen, die notwendig wären. Wir müssen uns die Frage stellen ob wir
wollen, dass Wachstum und Rentabilität im Vordergrund stehen und alles andere sich unterzuordnen hat. Diese Perspektive würde offenlegen, dass der Kapitalimus nur eine bestimmte Form der gesellschaftlichen Organisation ist und nicht das „Ende der Geschichte“.

Bitte, hinten anstellen

Der Kapitalismus hat zu einem beispiellosen materiellen Wohlstandszuwachs für einige Wenige auf Kosten der vielen Anderen geführt, gleichzeitig wurde die Umwelt weltweit auf nie gekannte Weise belastet. Auch der Klimawandel wird wiederum die Schwächsten der Gesellschaft treffen, denen nach der herrschenden Logik eigentlich gar nicht geholfen werden soll, da sie an ihrer misslichen Lage (laut Ideologie) selbst schuld sind.
Es kommt zu der bemerkenswerten Situation, dass in einer Region Milch und Brot für die Müllhalde produziert werden und woanders Menschen verhungern. Im Kapitalismus gelingt es nicht die vorhandenen Waren so zu verteilen, dass die materiellen Bedürfnisse aller befriedigt sind. Offensichtlich geht es im derzeitigen Wirtschaftssystem also nicht darum die Bedürfnisse der Menschen als Maßstab zu nehmen und zu befriedigen sondern nur zu produzieren wenn, als entscheidendes Kriterium, Profit erwartet werden kann.
Menschliche Bedürfnisse sind aber nicht nur materiell. Die Degradierung des Menschen zu einer bloßen kapitalistischen Funktion und die reduzierende Rhythmisierung des Lebens in den gnadenlosen Takt von Arbeit und persönlicher Reproduktion gestalten die gesellschaftliche und soziale Rolle des Einzelnen als Rädchen in einem großen entfremdenden Uhrwerk. Unsere soziale Interaktion ist kapitalistisch strukturiert und verkümmert zu Networking und oberflächlichen Facebook-Freundschaften. Soziales Aufbegehren genügt sich bereits als bloße Attitüde, die sich feiert wenn sie als Avantgarde im Verwertungsprozess anerkannt ist und abgefertigt wird. Wer sich alldem verwehren möchte und in all den Widersprüchlichkeiten zerrissen wird, fällt als Außenseiter_in raus. Die totale Ökonomisierung der modernen Gesellschaft bricht in die sozialen Kontakte ein, drückt ihnen den allgegenwärtigen Ausbeutungsblick hinsichtlich des persönlichen Erfolgs auf.

Vati legt noch ein paar Kohlen ins Feuer

Die Herrschende sehen international ihre Rolle darin, die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung zu schaffen.
Sie verteidigen die hegemonialen Dogmen gegen den marginalisierten Widerstand, sie erziehen die Heranwachsenden zu eifrigem Humankapital und stabiliseren die jeweiligen nationalen Gesellschaften soweit, dass sie die gewünschte Leistung bringen können.
Innerhalb der Staaten wird versucht eine Gemeinsamkeit zu konstruieren, das Böse kommt nur von Außen: „Die Menschen in Amerika verbrauchen zuviel, die aus Europa zahlen zu wenig und China will gar nichts machen.“ Uns interessiert diese Art von gegenseitiger nationaler Schuldzuschreibung nicht, wir schauen darauf, was dieses globale System produziert und, sehen Katastrophen.
Die Staaten versuchen durch eine konstruierte nationale Gemeinsamkeit die Menschen davon abzuhalten, die soziale Kälte zu erkennen und sie dafür zu motivieren nicht nur für ihren Geldbeutel zu arbeiten, sondern auch noch für ihren nationalen Standort in der globalen Konkurrenz einzustehen. Der Staat bietet keinen Schutz vor dem Kapitalismus, sondern ist seine Voraussetzung und sein Vorantreiber.

Fragend werfen wir euch an

Wir fordern ein radikales Umdenken der Gesellschaft denn die Befreiung von Markt und Staat ist die notwendige Aufgabe dieser Zeit.
Die Umsetzung und Erforschung der Möglichkeiten eines anderen Lebens und Organisierens sind drängender denn je, das Bestehende hat sich in eine ausweglose Lage gebracht. Das bedeutet nicht, dass die Überwindung des großen Ganzen ein Kinderspiel ist. Wir lehnen jede vorgefertigte Konstruktion ab, in die sich die Menschen dann anschließend einzuzwängen haben, sondern streben einen Prozess an, indem die Menschen immer wieder neu ihre Freiheit finden und ihre Organisationsformen neu strukturieren.
Wir hoffen, diese Art von Prozess zumindest ein kleines Stück weiter ins Rollen gebracht zu haben und drängen auf eine Bewusstwerdung der Menschen. Damit es möglich wird, dass sich die Menschen selbst ermächtigen und es schaffen Solidarität und die Schonung der Lebensgrundlagen in Einklang zu bringen."
 
Quelle: Indymedia